Innenentwicklung
Etzenricht – Was geht auf dem Land?

(27. Juni 2022) Etzenricht – Unter dem Titel „Etzenricht – was geht auf dem Land?“ hat die Gemeinde Etzenricht am 26. Juni 2022 für die Architektouren ihre Tore geöffnet. Thema war die Reaktivierung leerstehender Gebäude im Zentrum der Gemeinde. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Oberpfalz entwickelten Architektur-Studenten der OTH Regensburg Konzepte für insgesamt 10 konkrete Gebäude.

Gut 100 Besucher haben mit großem Interesse die Eröffnung der Ausstellung im Kirchsaal St. Nikolaus in Etzenricht verfolgt. Mit der Ausstellung werden insgesamt zwölf studentische Arbeiten präsentiert, die am Beispiel von Etzenricht den Umgang mit ländlichem Siedlungsraum und insbesondere dem Baubestand in den Dorfzentren thematisieren.

Etzenricht steht stellvertretend für viele Gemeinden in der Oberpfalz. Während die Ortskerne der mitunter traditionsreichen Dörfer zunehmend von Leerstand und Verfall bedroht sind, wachsen gleichzeitig Neubaugebiete an den Rändern dieser Gemeinden mit allen Facetten des Traums vom Eigenheim.

Die Arbeiten sind im Rahmen des Semesterentwurfes an der Fakultät für Architektur der OTH Regensburg entstanden. Sie zeigen exemplarisch baulich-architektonische Lösungsansätze ebenso wie nutzungsmäßige Vorschläge zur Wiederbelebung der meist ortsbildprägenden Anwesen und der damit verbundenen Aktivierung des Ortskernes – was auch ein wichtiges Thema der Verwaltung für Ländliche Entwicklung darstellt. Die Konzepte thematisieren, wie Vorhandenes bewahrt, transformiert und somit weiterer Flächenverbrauch vermieden und durch Weiterbauen ein nachhaltiger Beitrag zur Erreichung der notwendigen Klimaziele erreicht werden kann.

Das Studentenprojekt wurde fachlich und organisatorisch durch das ALE Oberpfalz unterstützt – eine Zusammenarbeit mit viel Potenzial. Denn die Themen Innenentwicklung und Flächensparen sind Schwerpunkte in der Arbeit der Ländlichen Entwicklung. Das ALE Oberpfalz fördert u.a. die Umsetzung von Konzepten zur Leerstandsbeseitigung.

Bei der Vernissage würdigten im Anschluss an Bürgermeister Schregelmann die Beteiligten des ALE Oberpfalz, der OTH Regensburg sowie der Bayerischen Architektenkammer den positiven gemeinsamen Prozess, der auf allen Seiten viel in Bewegung gesetzt hat. Im Vordergrund standen aber die Studenten, ebenso wie die Bürger Etzenrichts. Die lebhaften Gespräche an den Arbeiten und vor Ort unterstreichen, dass die (Wieder)Belebung der ländlichen Kernstrukturen vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen zu den wesentlichen Fragen unserer Zeit gehört. Auf jeden Fall aber hat der frische Blick auf alte Strukturen große Begeisterung ausgelöst und wird positiv in Erinnerung bleiben. Die Ausstellung bleibt noch bis zum 8. Juli 2022 täglich zwischen 16 und 18 Uhr für das Publikum geöffnet.

Hintergrund:

Die Zusammenarbeit zwischen OTH Regensburg und dem Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz geht zurück auf einen langjährigen Kontakt, der in Zusammenhang mit einem ähnlich gelagerten Projekt vor rund sieben Jahren in Kooperation mit der TU München in der Gemeinde Waldthurn entstanden ist. Die übergeordnete Fragestellung der Innenentwicklung wird im ALE mit der Initiative „Innen statt Außen“ bearbeitet und betrifft eine systematische Herausforderung ländlicher Regionen. Es geht um Strukturwandel auf dem Land. Die Gemeinde Etzenricht steht hier stellvertretend. Das gemeinsame Projekt will darauf aufmerksam zu machen, dass diese Entwicklung auch in den Zentren der Gemeinden durch Weiterbauen stattfinden kann.

Mit dem Ziel, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die uns helfen die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen, geht es in diesem Fall konkret darum, die mit dem Flächenverbrauch (2019: ca. 10,8ha/Tag in Bayern – Quelle: www.stmuv.bayern.de/themen/boden/flaechensparen/daten.htm) verbundene Umweltzerstörung zu reduzieren und gleichzeitig vorhandene Substanz im Sinne der Verwertungspyramide technisch (Graue Energie) und emotional (als Erinnerungsspeicher) in Benutzung zu halten.

Hierzu gilt es, viele Einflussfaktoren mit einzubeziehen und daraus konkrete Lösungsvorschläge zu entwickeln. Das Projekt verlässt dazu die fiktiven Grenzen der fakultätsbezogenen studentischen Arbeit. Es bezieht konkrete Objekte ebenso wie dritte Akteure mit ein. Obwohl nichts Konkretes gebaut wird, ermöglichen die Arbeiten, dass die Gemeinde in neuer, unerwarteter Perspektive sichtbar wird. Von der Zusammenarbeit profitieren die Studenten durch die praxisnahe Bearbeitung regionaler, zukunftsorientierter Fragestellungen. Im Idealfall profitieren aber alle Beteiligte durch die Vielzahl interessanter Beiträge und Impulse für die Zukunft des Ländlichen Raumes.

Ein großes Architektur-Modell mit vielen Häusern steht auf einer Bühne. Unten im Raum schauen sich viele Menschen Pläne auf Stellwänden und weitere Modelle von Häusern an.

Prof. Andreas Müsseler

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